Günstige Elektroautos sind in China längst Realität, in Europa dagegen ein bisher unerfülltes Versprechen. Warum tun sich unsere Autohersteller so schwer damit, ein preiswertes E-Auto auf den Markt zu bringen?
Volkswagen hat angekündigt, mit dem ID.1 endlich ein günstiges Elektroauto für den Massenmarkt zu bauen. Der Kleinwagen soll ab 2027 erhältlich sein und preislich unter 20.000 Euro liegen. Das klingt nach einem vielversprechenden Schritt – doch reicht das, um gegen die Konkurrenz aus China zu bestehen? Schließlich bietet BYD in China schon heute E-Autos für umgerechnet unter 10.000 Euro an. Wir klären, warum sich Europa mit der Entwicklung eines preiswerten E-Autos schwertut.
Ein zentraler Faktor sind die Herstellungskosten. China hat sich in den letzten Jahren zu einem führenden Produzenten von Batteriezellen entwickelt. Die größten Batteriehersteller der Welt – CATL und BYD – stammen aus China. Dadurch kann das Land E-Autos zu deutlich niedrigeren Preisen produzieren als europäische Hersteller. Diese hingegen kommen meist nicht drumherum, Akkus zu importieren.
- In China werden Batterien bis zu 40 Prozent günstiger produziert als in Europa.
- Die Lohnkosten in der chinesischen Autoindustrie sind bis zu fünfmal niedriger als in Deutschland oder Frankreich.
Diese geringeren Produktionskosten schlagen sich direkt in den Endpreisen nieder. Ein Kleinwagen, wie der BYD Seagull, startet in China bei umgerechnet 9.500 Euro. In Europa wäre ein vergleichbares Modell aufgrund der höheren Lohn- und Materialkosten nur schwer für einen Verkaufspreis von unter 20.000 Euro realisierbar.
Chinas Staat unterstützt – Europa reguliert
China fördert seine Elektroautoindustrie. Der Staat unterstützt nicht nur Hersteller mit Subventionen, sondern auch den Ausbau der Batteriefertigung und Ladeinfrastruktur. Manche chinesische Hersteller erhalten direkte Finanzspritzen oder Steuererleichterungen, die die Produktionskosten weiter senken. In einigen Regionen übernimmt der Staat sogar bis zu 50 Prozent der Batteriekosten für die Hersteller.
Europa hingegen setzt stärker auf Umweltauflagen und CO₂-Regulierungen. Während in China die Politik darauf abzielt, günstige Elektroautos zu ermöglichen, müssen sich europäische Autobauer an eine Vielzahl von teuren Vorschriften halten. Dadurch steigen die Entwicklungskosten, was wiederum zu höheren Endpreisen für Verbraucher führt.
Europas Autobauer setzen auf Premium
Ein weiteres Problem liegt in der Strategie der europäischen Hersteller. Während chinesische Marken gezielt günstige Modelle für den Massenmarkt entwickeln, setzen deutsche und französische Autobauer eher auf Premium-Fahrzeuge. Volkswagen, Renault und Stellantis haben lange hauptsächlich auf größere und besser ausgestattete Elektroautos gesetzt, um ihre Gewinnmargen hochzuhalten.
Das zeigt sich an den Preisen: Ein VW ID.3 startet bei 33.330 Euro, während der BYD Dolphin in Deutschland bereits für 32.990 Euro erhältlich ist. Der Renault Mégane E-Tech kostet mindestens 35.600 Euro, während der MG4 für 34.990 Euro angeboten wird.
Die europäischen Hersteller argumentieren, dass günstigere Modelle kaum profitabel wären, da die Produktionskosten in Europa zu hoch sind. Statt auf Minimalismus zu setzen, integrieren sie größere Batterien, hochwertigere Materialien und mehr Komfortfunktionen, was die Preise zusätzlich nach oben treibt. Das führt dazu, dass günstige Einstiegsmodelle in Europa schlichtweg fehlen.
Bürokratie und Vorschriften
Außerdem gibt es in der EU strenge und andere Vorgaben für Sicherheit, Umweltstandards und Recycling. Diese Regularien sind sinnvoll, erhöhen aber die Entwicklungskosten für neue Fahrzeuge erheblich.
Jedes neue Elektroauto muss umfangreiche Crashtests bestehen, hohe Recyclingstandards erfüllen und strenge Abgasnormen – auch für die Produktion – einhalten. In China sind viele dieser Vorgaben weniger streng, was die Produktion erleichtert. Das sorgt dafür, dass chinesische Hersteller neue Modelle schneller und günstiger auf den Markt bringen können. Außerdem haben die chinesischen Crashtests andere Anforderungen als die europäischen. Das bedeutet, wenn ein chinesischer Hersteller ein Auto für den europäischen Markt bauen möchte, muss der Hersteller das Auto anders konzipieren als für den chinesischen Markt. Ein gutes Beispiel ist der BYD Seagull.

Zusätzlich erschwert die europäische Bürokratie den Markteintritt für neue, günstigere Hersteller. Während chinesische Marken in Europa mit Importzöllen und komplizierten Zulassungsverfahren kämpfen, haben europäische Autobauer mit langen Entwicklungszeiten und hohen Investitionskosten zu tun. Das verlangsamt die Innovation und macht den Bau günstiger Elektroautos noch schwieriger. Es bleibt also kaum etwas anderes übrig, als weiterhin abzuwarten. Wer unbedingt elektrisch unterwegs sein möchte, muss höhere Summen investieren. © auto motor und sport